Die Kunst von David Lynch neu erleben
Ausstellung im IPFO Haus der Fotografie
Den Namen David Lynch verbinden die meisten mit Filmen und Serien wie «Mulholland Drive» und «Twin Peaks» – doch das Schaffen des US-Amerikaners umfasst weit mehr als die Kunst des Kinos. So ist der 75-Jährige unter anderem ein begnadeter Fotograf, dessen ausgewählte Werke ab dem 26. März in der Ausstellung «INFINITE DEEP» zu betrachten sind. Kuratiert wird diese von der Kunsthistorikerin Nathalie Herschdorfer, die uns vorab im Interview einen ersten Einblick gegeben hat.
Nathalie Herschdorfer, erinnern Sie sich, wann Sie zum ersten Mal mit der Kunst von David Lynch in Berührung gekommen sind?
(denkt nach) Das ist eine gute Frage? Ich denke, es war der Film «Blue Velvet», jedoch erinnere mich viel lebhafter an «Mulholland Drive», der erst Jahre später erschien.
Wie würden Sie seinen Stil in Bezug auf Fotografie beschreiben?
In meinen Augen ist es ähnlich wie bei seinen Filmen: Auch seine Fotografien weisen dieses Fremde, dieses Mysteriöse auf. Schaut man sich seine Filme an, versteht man nicht richtig, was gerade vor sich geht und wie man das Geschehene deuten soll. Das Besondere an David Lynch ist die Tatsache, dass er sich in keine Schublade stecken lässt ? und das zeigt sich auch in seinem Schaffen als Fotograf: Er fotografiert so, dass er niemandem etwas beweisen muss, was diese «lyncheske» Handschrift zur Folge hat.
Wie war Ihr Ansatz, als Sie die Ausstellung kuratierten?
Normalerweise versuche ich nicht, meine Sichtweise oder eine vorgefasste Meinung aufzuzwingen, wenn ich eine Ausstellung kuratiere. Ich gehe immer von der Arbeit selbst aus, und das war bei «INFINITE DEEP» nicht der Fall. Ich dachte beispielsweise nicht: «Das sind Bilder von David Lynch, dann muss es auch unverkennbar sein, dass es sich dabei um Werke von ihm handelt.» Ich bin also gleich vorgegangen wie bei anderen Ausstellungen: Zuerst habe ich gesichtet, welche Werke vorliegen, habe sie dann sortiert und mir überlegt, wie man sie miteinander kombinieren kann. Das Interessante an der ganzen Sache: Am Ende war die Ähnlichkeit zu seinem Filmstil zwar nicht zu übersehen, doch das war nicht das, was ich in erster Linie beabsichtigt habe.
Die Ausstellung umfasst 120 Fotografien ? haben Sie einen besonderen Favoriten oder mehrere Favoriten, die Sie auf besondere Art und Weise faszinieren?
Ja, die Serie «Distorted Nudes», da sich diese von der Machart her von den anderen Bildern unterscheidet. David Lynch hat in dieser Serie bestehende Fotos vom Beginn des 20. Jahrhunderts verwendet. Er hat sie in einem Buch entdeckt, wo sie ihm aufgefallen sind. Dabei hat er die Bilder eingescannt und sie danach mit Photoshop bearbeitet. Zwar kann man David Lynch in mehrerlei Hinsicht als traditionellen Fotografen beschreiben, doch hier lässt sich auch seine experimentelle Seite erkennen. Die Serie ist eine Hommage an den Surrealismus, jene von Dada beeinflusste Kunstrichtung, und schafft gleichzeitig diese typisch lyncheske Atmosphäre.
Warum lohnt es sich, die Ausstellung zu besuchen?
Was mir aufgefallen ist: Den meisten Leuten ist der Name David Lynch geläufig, obwohl sie seine Filme gar nicht gesehen haben. Er ist fest in unserer Kultur verankert. «INFINITE DEEP» zeigt nun die ganze Bandbreite seines Schaffens auf: So wird während der Ausstellung im Hintergrund beispielsweise Musik von ihm gespielt, was den Besuch ebenfalls zu einem besonderen Erlebnis macht, da andere Ausstellungen in der Regel ohne Musik auskommen. Des Weiteren läuft in einem der Räume ein animierter Kurzfilm von David Lynch, was wiederum einen Bezug zu seinem Wirken als Filmschaffender herstellt. Der Besuch der Ausstellung wird auf alle Fälle eine spannende Erfahrung!
Interview Lars Gabriel Meier