«Es geht darum, jetzt Solidarität zeigen zu können»
Aktion «Spender-Wii für d‘ Gastronomie»
Aufgrund der aktuellen Coronamassnahmen bleiben Gastronomiebetriebe seit bald zwei Monaten geschlossen. Eine Spendenaktion ruft nun zur Unterstützung der Lokale auf. Wie gehen die Betroffenen mit dieser Situation um, was beschäftigt sie und wie blicken sie in die Zukunft? Karin Leuenberger, Inhaberin des Restaurants Kreuz in Stüsslingen, und Renato Würgler, Inhaber des Gasthaus zum Schloss Falkenstein in Niedergösgen, geben im Gespräch mit der NOZ Auskunft.
Karin Leuenberger, Renato Würgler, zur Unterstützung der Gastronomie wurde eine Spendenaktion lanciert ? was können Sie uns über deren Hintergrund berichten?
RW: Wir haben die Idee von unseren Nachbarkantonen aufgefasst und übernommen. Man kann mit einer Spende den Betrieb seiner Wahl unterstützen und erhält pro 100 Franken eine Flasche Weisswein. Die Aktion erhält unter anderem Unterstützung von der Getränkehandlung Brunner Getränke aus Gretzenbach und den Weinproduzenten Claudio und Kathrin Hartmann aus Schinznach. Es geht darum, jetzt Solidarität zeigen zu können. Denn wie wir jetzt erkennen, war der erste Lockdown letztes Jahr nur der Anfang. Beispielsweise erhalten wir zurzeit reihenweise Hochzeitsabsagen ? unabhängig davon, ob diese im Mai oder September stattgefunden hätten. Aus meiner Sicht bleibt zwar noch die Hoffnung, dass für die Gastronomie im November oder Dezember wieder Normalität einkehrt. Doch zurzeit denke ich, dass im Frühling und Sommer die Situation wieder dieselbe sein wird wie letztes Jahr: Alles herunterfahren, Abstand halten? Vermutlich wird man sich auch dann wieder im Minusbereich bewegen, weil die Kosten zum Hochfahren zu massiv sind.
Wie geht es Ihnen aktuell in Bezug auf die Schliessung der Restaurants?
KL: Es ist ein frustrierendes Gefühl. Man muss den Mitarbeitenden mitteilen, dass sie nicht mehr zur Arbeit kommen können, denn man hat ihnen gegenüber natürlich eine Verantwortung. Deren Löhne haben wir selbstredend nach wie vor zu zahlen. Je nachdem, auf wie grosse Reserven ein Betrieb zurückgreifen kann, hat dies unter Umständen bereits existenzielle Schwierigkeiten zur Folge. Auch muss die Miete des Gebäudes bezahlt werden; des Weiteren fallen Betriebskosten wie Strom an. Und was, wenn etwas kaputt geht und eine Reparatur erfordert? Dann ist ein Monteur hinzuzuziehen, der natürlich auch nicht umsonst arbeitet. Es wird zudem auch deutlich, dass wir zwar jene sind, die mit am meisten betroffen sind, doch nach uns kommen noch viele andere, denen es gleich geht: Unsere Lieferanten; die Metzger, die Gemüsehändler ? sie alle machen Verluste!
RW: Diese Ungewissheit verunsichert und belastet einen ebenfalls: Erhält man noch Geld; erhält man kein Geld? Man steht jeden Monat im Minus, da man zahlreiche Kosten dennoch tragen muss. Jetzt haben wir zwar erst Februar, doch wer weiss, wie die Situation beispielsweise im April aussehen wird, wenn die Massnahmen auf diese Art und Weise andauern?
Wie bewerten Sie die Massnahmen?
KL: Ich kann die Massnahmen zum Teil nachvollziehen, zum Teil aber auch nicht. Als wir noch geöffnet hatten, mussten wir von jedem Gast die Kontaktdaten erheben. In einem Lebensmittelgeschäft hingegen kommt man ebenfalls mit vielen Menschen in Kontakt; dies wird jedoch nirgends registriert.
RW: Die Situation ist sehr schwierig. Es leuchtet mir zum Beispiel nicht ein, wieso Restaurants schliessen müssen; der tägliche Bedarf andererseits aber etwa Kosmetikstudios und Blumenläden umschliesst und diese offen bleiben dürfen. Für beispielsweise ältere Menschen, die der sozialen Kontakte wegen täglich einen Kaffee im Restaurant trinken, ist dies doch genauso täglicher Bedarf.
Wie würden Sie den Prozess beschreiben, den Sie auf sich nehmen müssen, um Unterstützung zu erhalten?
KL: Die ganze Bürokratie ist sehr mühsam; etliche Formulare müssen ausgefüllt werden. Hinzu kommt, dass wir im Grunde genommen Laien auf diesem Gebiet sind. Man schickt zwar die Unterlagen ab, doch dann passiert lange Zeit einfach nichts. Und dann, wenn sich die zuständige Stelle meldet, heisst es oft, dass dies und jenes noch fehlt.
RW: Bei mir war es so, dass ich im Oktober den Antrag auf Kurzarbeit zwar eingereicht, jedoch keine Bestätigung zur Bewilligung erhalten habe. Im Zuge dessen habe ich den Angestellten dennoch den vollen Lohn ausgezahlt ? schliesslich haftet man letzten Endes als Arbeitgeber selber. Man kann ja beispielsweise schlecht im Nachhinein Lohn vom Angestellten zurückfordern und sagen, es sei ein Fehler unterlaufen.
Mit welchen Gefühlen blicken Sie in die Zukunft?
KL: Ich sage immer: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Und ich hege jetzt wirklich Hoffnung, dass langsam wieder Normalität einkehrt und sich die Lage normalisiert.
RW: Generell bin ich schon ein Optimist, aber es ist sicher eine herausfordernde Zeit, die vor uns liegt ? einfacher wird?s sicher nicht.
Interview: Lars Meier