«Generationen können voneinander profitieren»
Interview zum neuen Buch «Ein Jahr mit Valérie»
Der Langenthaler Martin Geiser brachte im vergangenen Oktober sein viertes Buch «Ein Jahr mit Valérie» heraus, in welchem er eine generationenübergreifende Freundschaft beschreibt – inspiriert von seinem eigenen Arbeitsalltag.
Langenthal Im Interview mit der NOZ spricht der Autor über die heutigen Jugendlichen und für wen er das Buch geschrieben hat.
Martin Geiser, im Oktober ist ihr viertes Buch «Ein Jahr mit Valérie» erschienen. Bekannt wurden Sie durch ihre drei Dirigenten-Romane. Diesmal haben Sie sich für einen anderen Handlungsrahmen entschieden. War das so geplant oder hat sich das einfach entwickelt?
So ganz vom Thema Musik habe ich mich nicht abgewandt. Die Musik spielt in meinem Leben nämlich eine grosse Rolle, sie ist für mich Erholung und geistige Nahrung zugleich. Deshalb ist Bernhard, der Hauptprotagonist des neuen Buchs, auch ein pensionierter Musiklehrer. Aber der Handlungsrahmen war schon so geplant.
Was bildet das Kernthema in «Ein Jahr mit Valérie»?
Einfach gesagt ist es ein Generationenroman. Die 16-jährige Valérie ist in einem Alter, in welchem sie sich in einer Aussenseiterposition sieht. Sie muss sich ihren Platz in der Welt erst noch suchen. Bernhard hingegen hat schon einiges gesehen in seinem Leben. Zu Beginn treffen zwei Generationen aufeinander. Die beiden Protagonisten mögen sich nicht wirklich und geraten aneinander. Erst mit der Zeit nimmt alles eine andere Wendung. In dieser Hinsicht kann ich aus eigenen Erfahrungen und Beobachtungen schöpfen ? ich unterrichte in Langenthal Zehntklässler, welche genau in Valéries Alter sind und kann sehen, was die heutige Jugend bewegt, welche Schwierigkeiten sie zu bewältigen haben und welche Verhaltensweisen sie haben. Nur zu oft hört man von Erwachsenen, dass die heutige Jugend demotiviert ist und nichts taugt. Da halte ich jeweils dagegen und sage, dass sie ja eigentlich dafür verantwortlich seien, da sie zum einen die Kinder erzogen und zum anderen die Welt gestaltet haben, in welcher die Jugendlichen sich heute zurechtfinden müssen. Ich zeige in meinem neuen Buch auf, dass verschiedene Generationen durchaus voneinander lernen und profitieren können.
Was inspirierte Sie zu der Geschichte?
Vor vier Jahren verstarb meine Mutter. Beigesetzt wurde sie im Gemeinschaftsgrab ? bei diesen Gräbern hat es jeweils einen Bereich, in welchem Angehörige Blumen ablegen können. Neben ihrem Gesteck lag jeweils eine einzelne Blume. Ich habe nie herausgefunden, wer diese abgelegt hat. Doch das reichte, um bei mir die Fantasie anzuregen. Ich unternahm einen Perspektivenwechsel zu der Person, welche die Blume hinlegt und fing an, daraus eine Geschichte zu machen.
Wie lange schrieben Sie an dem Roman?
Eigentlich relativ kurz. Rund ein Jahr hat es gedauert. Meine bisherigen Bücher habe ich selbst verlegt, diesmal durfte ich mit dem Weber Verlag zusammenarbeiten. Dadurch, dass ich mein Buch dort in ein professionelles Lektorat geben konnte, dauerte alles etwas länger, da verschiedene Entscheidungsträger in den Enstehungsprozess involviert waren.
Für welche Leserschaft ist Ihr Buch geeignet?
Ich überlege mir im Vorfeld nie, für wen ich schreibe. Häufig fragen Leute, was ich denn genau schreibe. Beispielsweise, ob ich Krimis schreibe. Wenn ich verneine, ist das Thema schnell abgehakt. Ich wehre mich halt gegen eine Schubladisierung, da die Genres oft ineinanderzufliessen beginnen. Bei «Ein Jahr mit Valérie» ist es ausserdem zusätzlich schwierig von vornherein festzulegen, für wen das Buch geeignet ist. Wäre das Buch aus Sicht von Valérie geschrieben, wäre es ein Jugendroman. Dadurch, dass das Buch jedoch aus Sicht des pensionierten Bernhard geschrieben ist, richtet es sich eher an Erwachsene.
Welche Rückmeldungen erhielten Sie von Personen, welche «Ein Jahr mit Valérie» bereits gelesen haben?
Bis auf meinen Vater und meine Partnerin, bis anhin eigentlich relativ wenige. Aber das ist wohl normal. Ich selbst bin ja auch nicht jemand, der, nachdem er ein gutes Buch gelesen hat, online eine Bewertung abgibt (schmunzelt).
Die Vernissage konnte aufgrund der aktuellen Situation nicht wie geplant stattfinden. Wie haben Sie diese Entwicklung empfunden?
Als Erleichterung. Ich wurde immer wieder gefragt, ob und wie die Vernissage stattfindet. Ein Schutzkonzept wäre bereits festgestanden. Als dann Klarheit herrschte, dass der Anlass nicht stattfinden konnte, war ich sehr erleichtert ? so konnte ich den Teilnehmenden die Absage definitiv kommunizieren. Eventuell ergibt sich die Möglichkeit, die Vernissage im Winter noch nachzuholen, falls nicht, hätte ich noch die Idee zu einem späteren Zeitpunkt eine Lesung zu veranstalten.
Haben Sie bereits eine Idee für ein nächstes Buch oder schreiben Sie sogar schon an einem?
Ja, ich habe eine Kurzgeschichtensammlung beendet und schreibe momentan am nächsten Roman.
Zum Abschluss eine Frage, welche jeder angehende Schreiber einem erfahrenen Autor gerne stellt: Wie gehen Sie mit Schreibblockaden um ? bzw. kennen Sie so etwas überhaupt?
Da zitiere ich gerne den bekannten Krimiautor Sebastian Fitzek, welcher einmal meinte, dass es besser sei an einem Tag drei Seiten zu schreiben und diese wieder zu löschen, als gar nicht zu schreiben. Das Schreiben eines Buches ist einfach auch eine Fleissarbeit ? aber eine, welche sich im Endeffekt sehr lohn
Interview: Jessica Meier